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In drei Teufels Namen

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IMG_0294[1]Wieder ein Buch durch. Dieses mal “In drei Teufels Namen. Die etwas andere Geschichte der Hexen und ihrer Verfolgung”. Ich hatte es mir vor kurzem gekauft um ein wenig mehr über die Hintergründe und Geschichte der Hexenverfolgungen im Mittelalter zu erfahren und ich glaube das ist wirklich gelungen. Und das auch sehr unterhaltsam.

Dieter Breuers berichtet diese Geschichte nämlich anhand von Geschichten und Berichten der damaligen Zeit. Anstatt also reine Fakten zu präsentieren werden diese mit Einzelbeispielen verknüpft. Das Buch ist damit sicherlich keine wissenschaftliche Abhandlung, denn Fußnoten fehlen ebenso wie andere Quellenangaben, aber ich denke dennoch, dass meinen einen guten Überblick über die Geschichte erhält. Also für Interessierte eine klare Kaufempfehlung. Dennoch noch einige Beispiele und auch generell etwas dazu, was ich aus dem Buch gelernt habe.


Hexenhammer

Den etwas lockeren Stil in der Darstellung kann man vielleicht an seinem Urteil über den Hexenhammer darstellen. Dieses Buch aus dem Jahr 1486 sollte einen Leitfaden bieten für die Verfolgung von Hexen. Es steht nicht am Anfang der Hexenverfolgung, aber bot eine Grundlage für sadistisches Vorgehen – auch wenn es gegen die offizielle Linie der Kirche verstieß. Sein Urteil gerade im Hinblick auf Interessierte an dem Thema ist aber eindeutig:

Sollte sich dieser oder jener Zeitgenosse heute aus Neugier veranlasst sehen, den Hexenhammer auf der Suche nach sadistischen oder schlüpfrigen Details zu durchstöbern, wird er bald aufgeben. Das übliche Machtwerk ist ebenso verwirrend wie langatmig, und unser Mitgefühl gilt zwar hauptsächlich den Opfern des Hexenwahns, mit gebührendem Abstand aber auch den Historikern von heute, die gezwungen sind, sich durch das fast achthundert Seiten umfassende Werk eines in jeder Hinsicht verwirrten Geistes hindurchzukämpfen. (Seite 100)

Wer es doch will, wird sicherlich in Bibliotheken fündig oder findet es in Latein oder Englisch auch im Netz.

Folter

Wer nur Foltergeschichten sucht, wird auch bei Breuers fündig. Am Beispiel der Wirtin Maria Holl wird die Festnahme einer eigentlich angesehenen Person dargestellt und schließlich schreckliche Foltern über sich entgehen lassen muss, um sie zu einem Geständnis zu zwingen. Dies beginnt mit der beschämenden kompletten Entkleidung und der Suche nach angeblichen “Hexenmalen” am ganzen Körper, führt über Daumen- und Beinschrauben oder Dornenwalzen hin zum “Aufziehen”. Dabei werden einem die Hände auf dem Rücken zusammengebunden und man wird dann an diesen in die Höhe gezogen – gerne auch mal ruckhaft. Man kann sich denken, das die Schultern dies nicht lange mitmachen und wie schmerzhaft dies gewesen sein muss.

Ziel war dabei immer ein Geständnis, denn ohne Geständnis konnte man nicht überführt werden. Und entsprechend der Logik würde man auch in einer solchen Situation nicht lügen, da dies ja eine Todsünde sei. Aber Logik war nie die Stärke dieser Prozesse.

Kirche

Wenn man von der Sünde redet, muss man auch über die Kirche oder eher die Kirchen reden, denn immerhin wird die Hexenverfolgung oft mit der Inquisition gleichgesetzt. Breuer widmet diesem Thema ein Kapitel und greift es mehrmals auf, denn so einfach ist dies nicht. Der Hexenhammer enthielt bereits Aussagen, die mit der Kirchenlehre nicht übereinstimmten und generell stand der Papst den Auswüchsen der Hexenverfolgung skeptisch gegenüber, hatte aber – und dies muss man dann als Kritik loswerden – auch nicht energisch genug eingegriffen, um dieses in Deutschland zumindest zu unterbinden.

Die Regeln der Inquisition selber – die sich in erster Linie um Ketzer kümmerte – waren sehr viel strenger, als die der weltlichen Gerichte bei Hexenprozessen. Auch gab es ein wesentliches Element bei der Verfolgung, nämlich Vergebung und das Ziel diese verwirrten “Schäfchen” zurück in den Schoß der Kirche zu überführen. Ein Vorgehen, dass auch bei den ersten Hexenprozessen angewandt wurde – denn an die Existenz von Kirchen glaubten zu der Zeit alle. Gnade in den Hexenprozessen gab es aber bei den Hexenprozessen in erster Linie aber in Form des Erdrosselns vor dem Verbrennen – der Tod stand eigentlich schon bei Beginn der Festnahme fest.

Dies ist kein Freispruch der Kirche, aber der Ursprung der Hexenverfolgung liegt eher in einer verängstigten Bevölkerung, die für die Unglücke der damaligen Zeit einen Sündenbock brauchte und Druck auf die Herrschenden ausübte. Es gab natürlich – insbesondere in Trier, Köln, Würzburg und Bamberg – Bischöfe oder Inquisitoren, die radikal vorgingen. Es gab aber auch Inquisitoren, die sich gegen den Auswuchs stellten und vermeintliche Hexen gerettet hatten. Die einzige Schuld, die Breuer beim Vatikan sieht, ist mangelnder Druck auf diejenigen, die diesen Massenmord durchführen oder schürten mit der damaligen Höchststrafe bedrohten, um einzugreifen: Die Exkommunikation.

Opferzahlen

Wenn man von Massenmord redet, muss man über Zahlen reden. Es kursierten Zahlen von mehreren Millionen. Dabei muss man sich dann aber auch angucken, wie diese Zahl zustande kam: Ein Mann hatte dazu die Zahlen seiner Stadt aus den letzten 30 Jahren genommen, diese dann für die letzten sechseinhalb Jahrhunderte hochgerechnet und auf die Bevölkerung Europas hochgerechnet. Dann kommt natürlich einiges zusammen, dies berücksichtigt aber natürlich keine Wellen in der Hexenverfolgung und auch keine regionalen Unterschiede. Im Deutsche Reich kamen damals am meisten “Hexen” ums Leben, in anderen Ländern sah das weitaus besser aus, wie man auf dieser Grafik beispielsweise sehen kann. Insgesamt geht man von 50.000 bis 60.000 Toten aus, sowie hunderttausenden überlebenden Opfern – darunter übrigens 20 – 25% Männer.

Abschluss

Ich könnte wahrscheinlich noch viel mehr über das Buch und Hexenverfolgung schreiben, über die Möglichkeiten damit Geld zu verdienen, über die verschiedenen Rollen von Kindern über die Kritik an den Verfahren, die vielleicht gar eine Vorstufe zur Unschuldsvermutung boten und weiteres. Aber ihr sollt das Buch ja noch lesen und irgendwann muss ich ja mal zu einem Ende kommen Smiley Also wie gesagt – ein tolles Buch, es macht Spaß zu lesen, was vielleicht auch an den übersichtlichen Kapiteln liegt. Also wenn ihr euch für diese Zeit interessiert, kann ich es nur empfehlen.


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